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Interview Bi-Syndrom: Die Schmerzen entstehen dort, wo die Energie blockiert ist

In der Traditionellen Chinesischen Medizin geht es darum, aktiv zu wer- den, bevor man krank wird. Sie führt Gelenkschmerzen auf ein Zusam- menspiel von inneren und äusseren Faktoren zurück. Mit Akupunktur und Kräuterbehandlungen können gute Erfolge in der Linderung der Symptome erzielt werden. Frau Prof. Hongwei GU von der China-Med- Care Praxis in Langnau erklärt, welche Ursachen hinter den Beschwerden stecken und wie Energieblockaden gelöst werden.

Frau GU, welche Ursachen stecken gemäss der Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin hinter Gelenk- schmerzen?

Prof. Hongwei GU: In der TCM führen wir Gelenkschmerzen auf das Bi-Syndrom zurück. Dieses kann verschiedene Formen annehmen und sich als Gicht, Arthrose, Arthritis oder auch als Rheuma äussern. Die Begriffe, welche in der westlichen Schulmedizin verwendet werden und die Bezeichnungen der TCM, die das Bi-Syndrom betreffen, sind nicht völlig deckungsgleich, auch wenn sich die Krankheitsbilder ähneln. Ein Bi-Syndrom ist einerseits auf die äusseren Ursachen Kälte, Wind, Feuchtigkeit und Hitze zurückzuführen. Treffen diese Faktoren auf einen geschwächten Körper, kann es zu einem Bi-Syndrom kommen.

«Bi bezeichnet einen Stau in den Energiebahnen, das Blut und die Energien können dadurch nicht mehr ungehindert zirkulieren. Die Schmerzen entstehen an der Stelle, an der die Energie blockiert ist.»

Erkrankungen wie Arthritis oder Arth- rose hängen oft auch mit dem Alter zusammen, weil die Gelenkknorpel sich mit der Zeit abnutzen und sich zurück- bilden. Sind die Knorpel entzündet oder altersbedingt in einem schlechten Zustand, führt das oft zu Schmerzen oder einer eingeschränkten Mobilität. Diese Veränderungen sind irreversibel, ausser man ersetzt das Gelenk operativ. Diesen Prozess können wir mit den Methoden der TCM nicht umkehren. Aber wir können die Beschwerden lindern.

Welche Therapien der TCM eignen sich am besten bei Gelenkbeschwer- den?

Wie wir behandeln, hängt stark davon ab, welche Ausprägung das Bi-Syndrom zeigt. Infrage kommen neben Akupunktur auch Kräuterbehandlungen, Moxa- Therapien und Tuina-Massagen. Alle zielen darauf ab, den Energie-Stau zu beheben. Persönlich halte ich die Akupunktur für am besten geeignet bei Gelenkschmerzen. Auch eine Kräuterbehandlung kann die Energieflüsse positiv beeinflussen, bringt aber oft Nebenwirkungen mit sich. Gewisse Kräuter, die wir in der TCM verwenden, sind giftig.

Wir verabreichen diese natürlich in sehr geringen Dosierungen, aber sie können dennoch Nebenwirkungen hervorrufen. Weil hierzulande ausserdem nicht sämtliche Heilkräuter zugelassen sind, ist es manchmal schwierig, die passende Kräutermischung herzustellen. Ich bevorzuge deshalb die Akupunktur, sie hat keine Nebenwirkungen und bringt die Energie sehr zuverlässig wieder zum Fliessen.

Oft kombinieren wir auch eine Akupunktur-Behandlung mit individuell angefertigten Kräutermischungen. Damit können wir die Schmerzen in den meisten Fällen erheblich lindern. Wir wollen einen beschwerdefreien Alltag erreichen für unsere PatientIn- nen, sodass sie sich wieder uneingeschränkt bewegen können.

Wann ist der ideale Zeitpunkt für eine Therapie?

Je früher, desto besser. Die meisten Menschen warten zu lange. Viele behandeln sich erst mal selbst mit Schmerzmitteln und hoffen, dass es von allein wieder besser wird.

«In der TCM ist die Gesundheitsvorsorge enorm wichtig. Es geht darum, aktiv zu werden, bevor man krank wird.»

Im Westen geht man in der Tendenz erst zum Arzt, wenn man schon krank ist. In der chinesischen Medizin haben wir viele Abstufungen zwischen den Zuständen gesund und krank, bei denen sich eine Behandlung bereits lohnt. Das Ziel ist es, gar nicht erst krank zu werden. Deshalb gibt es in der TCM diverse Methoden, die uns helfen, Blockaden frühzeitig zu erkennen, beispielsweise mit Hilfe der Zungen- oder Pulsdiagnose.

Oft steckt das Alter hinter Gelenk- schmerzen. Was sind bei jüngeren Menschen die Gründe?

Die meisten PatientInnen mit Gelenkschmerzen sind tatsächlich über 60 Jahre alt. Hinter Gelenkschmerzen in jungen Jahren stecken oft körperliche Ursachen, z. B das Gewicht. Übergewicht stellt für die Gelenke eine Belas- tung dar. Probleme mit den Gelenken können aber auch genetisch bedingt sein oder durch ein Geburtsgebrechen. Menschen, die sehr viel Sport treiben, können ebenfalls betroffen sein, weil ihre Gelenke stark beansprucht werden.

Dazu kommen dann die erwähnten äusseren Faktoren. Jüngere Menschen achten oft weniger darauf, sich davor zu schützen und sich etwa nach dem Sport, wenn sie geschwitzt haben, warm einzupacken. Oder sie tragen bis weit in den Herbst hinein kurze Hosen – da ist das Kniegelenk Einflüssen wie Wind oder Kälte ungeschützt ausgesetzt. Wenn man jung ist und über eine starke Energie und ein gutes Immunsystem verfügt, spürt man davon nicht unmittelbar etwas, aber über die Jahre kann sich das bemerkbar machen.

In diesem Punkt unterscheidet sich die Schweiz auch etwas von China. Ich behandle hier mehr Gelenkprobleme als in China, weil die Menschen in der Schweiz in jungen Jahren etwas weniger gut zu sich schauen. Sie schützen sich zu wenig vor Kälte, Wind oder Feuchtigkeit.

Sie haben das Gewicht bereits als Risikofaktor für Gelenkbeschwerden erwähnt. Kann TCM auch dabei hel- fen, Gewicht zu reduzieren?

Ja, das geht gut. Wir haben ein eigenes Programm dafür, mit dem PatientInnen erheblich Gewicht verlieren können, ohne zu hungern. Hungern ist nicht gut für den Körper, davon halte ich nichts. Das Programm beinhaltet einen Ernährungsplan, der recht genau vorgibt, zu welcher Zeit man was essen soll.

«Für eine gute Ernährung ist es wichtig, nicht nur darauf zu achten, was man isst, sondern auch wann.»

Diese Pläne passen wir jeweils individuell an. Akupunktur hilft, den Stoffwechsel zu verbessern und so das Erreichen des Wunschgewichts zusätzlich zu unterstützen. Es gibt auch Akupunktur-Stellen am Ohr, die einen Einfluss auf Hunger oder Durst haben. Wenn jemand oft Lust auf Süsses hat, kann man das damit in den Griff bekommen. Massagen und Bewegung helfen unterstützend. Wenn man sich an dieses Programm hält, kann man das Gewicht erfolgreich und nachhaltig reduzieren.

Welche Rolle spielt die Psyche bei Gelenkbeschwerden?

Als Ursache ist die Psyche nicht sehr wichtig. Es gibt Schmerzen, die auf psychische Belastungen zurückgehen, z. B. Muskel- oder Rückenschmerzen. Gelenkschmerzen gehören aber nicht dazu. Innere Stärke und ein starker Energiefluss machen allerdings weniger anfällig für äussere Störfaktoren wie Kälte oder Feuchtigkeit, weil der Körper so besser Widerstand leisten kann.

Was kann ich selbst tun, einerseits präventiv, um gar keine Gelenk- schmerzen zu bekommen – oder auch, um bestehende Schmerzen zu minimieren?

Man kann z. B. sein Gewicht reduzieren, sollte das eine mögliche Ursache für die Beschwerden sein. Ausserdem sollte man sich gut vor äusseren Faktoren wie Wind, Kälte oder Feuchtigkeit schützen, indem man sich warm anzieht, wenn das Wetter nass oder kalt ist. Bei vielen Gelenkbeschwerden hilft Wärme. Auch auf den Wohnort kann man unter Umständen Einfluss nehmen und für günstige Bedingungen sorgen. Eine kühle, feuchte Umgebung tut der Gesundheit nicht gut. Die Yin- und Yang-Elemente müssen am Wohnort in Balance sein. Kühle, schattige, windige oder feuchte Umgebungen sind nicht gut für die Gelenke. Das gilt auch für Durchzug.

«Wer akute Schmerzen oder eine Entzündung hat, sollte mit Bewegung warten und das Gelenk zunächst schonen.»

Als wichtigen Pfeiler in der Vorsorge sehe ich zudem Bewegung. In der Schweiz betätigen sich viele Menschen sportlich etwas zu extrem – das ist gar nicht nötig und auch nicht unbe- dingt gesund für die Gelenke.

Sobald die akuten Beschwerden abgeklungen sind, kann man mit moderater Bewegung beginnen. Mit Hilfe der Physiotherapie kann man gut her- ausfinden, welche Bewegungen die Heilung unterstützen.

Das gesamte Interview mit Anhang und Erläuterungen:

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